Dienstag, 17. Juli 2012

Rezension: "Ruht das Licht"


 Achtung, dies ist der zweite Teil einer Trilogie und könnte Spoiler für den ersten ("Nach dem Sommer") enthalten.

Obwohl alles verloren schien, ist Sam zu Grace zurückgekehrt. Er hat den Wolf in sich besiegt und jetzt liegt ein ganzes Leben in seiner Menschengestalt vor ihm. Doch nun ist es Grace, deren Zukunft ungewiss erscheint. Sie, die sich ihrer menschlichen Haut immer so sicher war, hört nachts die Stimmen der Wölfe und weiß: Sie rufen nach ihr.

Wogegen Grace sich mit aller Macht wehrt, wäre Cole hochwillkommen. Cole wünscht sich nur eines: Vergessen. Vergessen, wer er ist. Vergessen, was er getan hat. Die Wolfshaut ist seine Zuflucht. Doch trotz der eisigen Kälte gelingt es ihm nicht, die Wolfsgestalt dauerhaft anzunehmen.

Als Coles Vergangenheit ihn einholt und sich immer mehr neugierige Augen auf die Wölfe richten, muss Sam zusehen, wie seine Welt zerbricht: Das Rudel schwebt in größter Gefahr und Grace hält nur noch die Liebe zu ihm in ihrem menschlichen Leben. Sam ahnt, dass der Wolf in ihr eines Tages siegen wird.
via

"Dies ist die Geschichte eines Jungen, der ein Wolf war,
und eines Mädchens, das zu einem wurde."
- Seite 7


Eine Vorwarnung: Diese Rezension wird positiv sein, sehr, sehr positiv. Ich werde nichts bemängeln, sondern alles an diesem Buch in den Himmel loben. Wer also keine Lust auf eine Rezension hat, die nur aus Lob und Geschmachte besteht, bitte hier wegschauen! ;)

Puh. Was für ein Buch. Um ehrlich zu sein, ich hatte Angst, es zu lesen. "Nach dem Sommer" ist eins meiner absoluten Lieblingsbücher, ich kann es nicht oft genug erwähnen, wie gelungen und grandios ich den ersten Teil der Reihe fand. Ich habe mich zuerst gefragt, ob eine Fortsetzung denn überhaupt nötig ist, doch natürlich habe ich nichts dagegen gehabt - ich hätte auch nichts gegen weitere 698 Fortsetzungen! Die Erwartungen waren hoch. Ich wusste, dass man "Nach dem Sommer" nicht toppen kann, und das hat sich auch bestätigt. Aber "Ruht das Licht" ist auf dem gleichen Niveau. Weit, weit oben nämlich. Klar, "Nach dem Sommer" hat seinen eigenen Charme, es ist eben der Anfang des Ganzen, aber "Ruht das Licht" steht dem in nichts nach. Und das ist eine riesengroße Erleichterung für mich!

"Nach dem Sommer" habe ich vor einundhalb Jahren gelesen und ich hatte trotzdem kein Problem damit, mich in die Handlung oder in die Geschichte einzufinden. Schon nach der ersten Seite war ich gedanklich wieder in Mystic Falls, bei meinem Lieblingspaar Grace und Sam. Hach, sind die beiden bezaubernd! Die beiden sind so grundverschieden, fast gegensätzlich, doch sie lieben sich wie am ersten Tag. Trotzdem ist ihre Beziehung NIE schnulzig, oder klischeehaft, sondern so realitätsnah, dass es fast weh tut. Sie zeigen ihre Liebe nicht mit Worten, sondern durch kleine Handlungen und genau das charakterisiert ihre Beziehung. Man spürt ihre Liebe auf jeder einzelnen Seite dieses Buches und möchte fast weinen, als immer deutlicher wird, dass Sam Grace zu verlieren droht. Es ist schwer zu beschreiben, wie sehr ein Buch einen berühren kann, daher lest "Ruht das Licht" (oder "Nach dem Sommer") und findet es selbst raus.

Die Handlung wird aus vier (sehr) verschiedenen Perspektiven erzählt; aus der von Sam, Grace', Isabels und Coles. Womit wir schon beim nächsten Punkt wären: Isabel und Cole. Isabel wird immer mehr zu meinem Lieblingscharakter, denn obwohl sie sich nach außen immer selbstüberzeugt und unnahbar gibt, steckt in ihr eine verletzte Persönlichkeit, die durch und durch menschlich ist. Isabel ist mir schrecklich sympathisch geworden. Cole allerdings mochte ich von Anfang an. Obwohl er ein Idiot sein kann und ein Vollzeitegoist ist. Aber dadurch, dass man auch aus seiner Perspektive die Geschehnisse erlebt, erfährt man die Gründe für sein Verhalten und diese lassen ihn so verletzlich wirken, auch wenn er es selten zeigt. Dass zwischen Cole und Isabel eine zarte Liebesgeschichte entsteht, macht die Sache noch interessanter, denn wenn sie zusammen sind, verstellen sie sich nicht. Das ist toll zu beobachten und man freut sich richtig für die beiden. Nur schade, dass ihre Beziehung scheinbar keine Chance hat, denn Cole ist ein Wolf und Isabel ein Mensch. Dramatisch, nicht wahr?

Die Handlung an sich ist nicht besonders actionreich. Streng betrachtet, passiert auf den 400 Seiten tatsächlich nicht sehr viel. Und trotzdem kann man das Buch nicht zur Seite legen. Ich weiß nicht, wie Maggie Stiefvater das macht, vielleicht weil ihre Charaktere so interessant sind, vielleicht wegen ihrem Schreibstil (auf den komme ich noch zu sprechen), aber man ist einfach gefesselt und muss will weiterlesen, bis zum Schluss. Was mir auch noch sehr gefällt an der Geschichte, ist, dass sie nicht übertrieben fantasylastig ist. Okay, es geht um Werwölfe. Aber für diese gibt es eine wissenschaftliche Erklärung, und das macht die Story besonders. Außerdem setzt die Autorin sehr viel auf Emotionen und zwischenmenschliche Beziehungen, anstatt auf die Fantasyelemente, und das macht die ganze Geschichte rund um Grace und Sam so tragisch schön.

Dieses Ende ist so so so emotional und traurig und natürlich musste man schon wieder fast weinen. Man ist am Ende genauso verzweifelt wie die Protagonisten selbst und kann den Anschluss dieser grandiosen Trilogie einfach nicht abwarten.Aber bis zum 1. August dauert es glücklicherweise nicht mehr so lang.

Maggie Stiefvater hat einen Schreibstil, der Gänsehaut schafft. Sie schreibt sprachgewaltig, bildreich, bunt und gefühlvoll. Ich liebe diesen Schreibstil und von mir aus kann sie Kochbücher schreiben, ich würde sie kaufen und jedes einzelne lesen, wegen eben diesem Schreibstil. Der Schönste in meinem Regal, muss ich einfach so sagen. Die 400 Seiten sind viel zu schnell vorbei gewesen. Die Autorin schreibt fast poetisch und schafft es trotzdem, bei jedem Perspektivenwechsel den Schreibstil der erzählenden Person anzupassen. So nimmt Cole Wörter in den Mund, die Sam nicht mal denken würde. Außerdem schafft es Maggie Stiefvater, aus jeder kleinen, unbedeutsamen Situation ein Kopfkino der Extraklasse entstehen zu lassen. Allein wegen diesen Momenten lohnt es sich einfach, sich auf diese Geschichte einzulassen. Natürlich muss man an dieser Stelle auch noch die Übersetzerinnen Jessica Komina und Sandra Knuffinke erwähnen und loben, denn sie haben diese Geschichte einfach grandios übersetzt.

Noch ein letzter Punkt, dann bin ich auch schon fertig mit meinem Lobgesang; die Aufmachung des Buches. Script5 blieb sich und dem ersten Teil der Reihe treu und gestaltete das Buch einfach wunderschön. Das Cover ist perfekt und auch ohne Schutzumschlag ist das Buch einfach schön anzusehen, es ist ganz weiß und vorne sind Grace und der Wolf vom Cover drauf, schlicht und gleichzeitig so bezaubernd. Dieses Cover wird der Geschichte, welche es verbirgt, durchaus gerecht.

Ich liebe dieses Buch, ich liebe es, ich liebe es. Handlung, Charaktere, Idee, Schreibstil, Aufmachung - alles perfekt. Ich kann nicht anders, als strahlende 10 Punkte (von 10) zu vergeben. Bitte, Frau Stiefvater, hören Sie nie auf, Geschichten zu schreiben.

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